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Chefsache – Budapest war eine Reise wert!
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Wahnsinn! Unglaublich! Surreal! Ich weiß nicht, mit welchen Worten ich diesen Blogeintrag beginnen soll, denn eigentlich habe ich es immer noch nicht begriffen, was da beim IRONMAN 70.3 in Budapest abging. Wenn mir jemand vor dem Rennen gesagt hätte, dass ich hier um das Podium meiner Altersklasse mitkämpfe und mit einer WM-Qualifikation nach Hause gehe, dann hätte ich ihn laut ausgelacht.
Kurzer Rückblick: Nach meinem etwas durchwachsenen Rennen beim Sprint in Marchfeld spürte ich am Abend plötzlich auftretende Schmerzen bei einem Zahn. Wieder mal – die Zähne sind meine Achillisferse. Der eine hat sein Knie, der andere hat Rücken – bei mir sind es seit Jahren die Zähne. Also ging es am Montag gleich in zum Zahnarzt – der sah gleich, dass der Zahn hoch gegangen war und wir, besser gesagt der Doktor, führte eine Wurzelbehandlung durch. Nachdem diese eigentlich problemlos verlaufen war, fing am nächsten Tag der Nebenzahn an – das Spiel begann von vorne – Zahnarztstuhl, Wurzelbehandlung, Hoffen, dass es besser wird. Am Mittwoch früh erneut Schmerzen – wieder beim Zahnarzt – schaffte ich den Hattrick? Nein, der Doktor meinte, das sei die entzündete Zahnwurzel von der Behandlung, das würde noch 1-2 Tage schmerzen, dann aber vergehen. Sein Wort in Gottes Ohr, und so war es dann zum Glück auch. An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Dr. Steinbauer von der Zahnarztpraxis Edelweiss bedanken, der mir immer schnell mit Rat und Tat zur Seite steht.
Nichts desto trotz ging es mit ziemlichen Zahnschmerzen und einer gewaltigen Portion Unsicherheit im Auto Richtung Budapest. Doch die Vorfreude auf einen neuen Bewerb und eine neue Stadt waren für mich sehr groß. Etwas außerhalb von Budapest durfte ich mein Quartier beziehen. Vielen Dank an dieser Stelle an meine Freunde Erika Csomor und Roman Thürauer für die Gastfreundschaft. Neben der hervorragenden kulinarischen Versorgung kam auch der kulturelle Aspekt nicht zu kurz. Auch wenn ich von dem Rock-Musical, das wir besuchten, kein Wort verstand, so war es doch ein tolles Erlebnis.
Trainiert habe ich in dieser Woche so gut wie nichts. Mit Zahnschmerzen mag ich nichts tun, und vielleicht war gerade das auch der Schlüssel zum Erfolg. Gerade einmal 3-4 Stunden habe ich mich vor dem Rennen sportlich bewegt. Doch die letzten Einheiten vor dem Rennen im Pool, am Rad und per Pedes stimmten mich zuversichtlich, zumal die Zahnschmerzen deutlich weniger wurden.
So ging es also am Samstag um 10:05 gemeinsam mit rund 300 anderen Teilnehmern meiner Startwelle in das mehr oder weniger (eher weniger) genüssliche Donauwasser. Etwas Respekt hatte ich vor dem Landstart, denn ich mag diese Art der Startprozedur ganz und gar nicht. Doch ich fand gleich eine gute Position im Wasser und konnte mich ohne große Schlägerei fortbewegen. Im Wasser fand ich einen guten Rhythmus und konnte bis auf eine 6-köpfige Gruppe, die sich absetzen konnte, alles ganz gut kontrollieren. So stieg ich nach 28 Minuten als Achter meiner Startwelle aus dem Wasser und begab mich in die erste Wechselzone. Der Wechsel klappte wie am Schnürchen und schon saß ich auf dem Rad. Die Strecke habe ich mir nicht angeschaut, lediglich ein paar Tipps von Roman erhalten, worauf ich achten sollte. Ich achtete vor allem darauf, voll Druck zu geben. Es rollte, und wie – permanent überholte ich Athleten, vor allem auch einige mit gelber Startnummer, also meiner Startwelle. Irgendwann war das dann aber vorbei und ich überholte nur noch Fahrer aus anderen Wellen. Nach eigener Zählung müsste ich so 5-6 Leute überholt haben, also wusste ich, dass ich ziemlich weit vorne sein muss.
Der ganze Radpart war für mich ein einziger Genuss. Wenn man eine Strecke für mich maßschneidern müsste, dann würde genau das dabei raus kommen. Ein flacher „Drückerkurs“ mit zwei kurzen, mittelschweren Anstiegen, viele Ecken und Kanten, an denen ich meine Steuerkünste auf meinem Airstreeem Super TT voll ausleben kann. Solche Kurse liebe ich, denn sie verhindern auch die Bildung von großen Pelotons.
Ich habe auf der ganzen Strecke nur ganz wenige Grüppchen gesehen, die im Großen und Ganzen alle sehr fair gefahren sind. Gegen Ende des Radsplits war plötzlich ein weiterer Fahrer mit gelber Startnummer hinter mir – ich wusste nicht, ob ich ihn am Anstieg eingeholt habe, oder ob er aufgeschlossen war. Also versuchte ich noch einmal das Tempo anzuziehen und war wieder alleine – bis 10 Kilometer vor dem Ziel, als er wieder zu mir aufschloss. Ich sah, dass er gute Beine hatte und ließ ihn mal nach vorne fahren und sah mir, natürlich mit entsprechendem Abstand, an, was er so fahren konnte. Er forcierte noch einmal kräftig das Tempo, aber ich ließ ihn nicht außer Sichtweite. So ging es bis zum Wechsel hin und her – einmal er in Front, dann wieder ich. Ich war mir ziemlich sicher, dass er kein schneller Läufer war, zumindest hoffte ich es. Als ich ihn in der zweiten Wechslzone fragte, ob wir in Führung wären, verneinte er – und ich war mir auch sicher, dass da noch ein paar andere vorne sein müssten.
Dass es lediglich ein Athlet war, der vorne war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Der abschließende Halbmarathon führte über 4 Runden und wir hatten pro Runde 2x durch eine Unterführung zu laufen. Toll, gleich mal bergab laufen zu müssen mit krampfenden Beinen. Auf den ersten Metern hatte ich befürchtet, am Rad übertrieben zu haben und meine Beine fühlten sich auch dementsprechend an. Aber das Tempo war in Ordnung und auch meinen Mitstreiter konnte ich gleich abschütteln. Als ich auf meinen österreichischen Landsmann Rene Ehgartner auflief, der in einer anderen Startwelle war und deshalb schon die zweite Laufrunde lief, hatte ich für die nächsten Kilometer einen guten Laufpartner gefunden. Das Tempo wurde mir dann aber doch eine Spur zu hoch und ich lief alleine weiter. Weiterhin überholte mich niemand, weder von meiner Welle, noch von einer anderen. Ich konnte eine gute und solide Pace laufen, wenn auch nicht ultraschnell – eben wie ein Langdistanzler 😉 Gegen Ende der dritten Runde ware es jedoch soweit – ein russischer Athlet überholte mich und ich sah, dass er in meiner Runde war. Ich konnte zwar kurz zu ihm aufschließen, aber sein Tempo und meines waren langfristig nicht kompatibel. Also musste ich diesen kleinen „Rückschlag“ verdauen und die letzte Runde alles geben. Just bei der letzten Wende kamen dann noch zwei weitere Athleten meiner Altersklasse und schlossen zu mir auf. Auch wenn sie den Kilometer nur wenige Sekunden schneller liefen – ich konnte nicht mehr folgen. Das ist das Problem, wenn du so einen Bewerb aus dem Langdistanz-Training heraus machst. Ich hätte wahrscheinlich noch 10 Kilometer das selbe Tempo laufen können, aber leider keine Sekunde schneller. So verpasste ich das Podium gerade mal um 50 Sekunden und kam als Fünfter meiner Altersklasse und 58. der Gesamtwertung (von 1.600 Athleten) mit einer Zeit von 4 Stunden und 27 Minuten ins Ziel.
Keine Sekunde hab ich mich über den nicht gewonnenen Podiumsplatz geärgert, ich war einfach nur stolz, eine so gute Leistung erbracht zu haben. Ich hatte an einem guten Tag mit eine Platzierung zwischen Platz 10 und 15 meiner AK gerechnet, aber damit sicher nicht. Dementsprechend dann auch die Planänderung. Anstatt gleich nach dem Rennen nach Graz zurück zu fahren, entschied ich mich, noch in Budapest zu bleiben und dann in der Früh zum Dreh nach Oberösterreich weiter zu fahren.
Zum ersten Mal in meinem Leben nahm ich an einer Slotverteilung teil, auch wenn ich als Gesamt-Fünfter bei 4 Slots in meiner AK noch nicht sicher hatte. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass nicht jeder die Reise nach Australien antreten würde. Als die ersten zwei den Slot gleich nahmen, war es noch einmal spannend, doch dann verzichteten zwei und so konnten ich und auch noch der Sechste der AK das begehrte Ticket holen. Es ist seltsam, wie unterschiedlich Slotvergaben laufen. In manchen Alterskategorien werden die Plätze weit nach hinten durchgereicht, bei manchen nehmen gleich alle den Startplatz. Für mich war es auf jeden Fall ein sehr überraschendes Highlight, als Sportler auf eine IRONMAN-Bühne zu dürfen und mir von der Triathlon-Legende Paula Newby Fraser das WM-Ticket überreichen zu lassen. Wie überraschend es war, zeigt die Tatsache, dass ich mir sogar eine Kreditkarte ausleihen musste, um das Ticket zu lösen. Vielen Dank noch mal an Hannes Schell, der mir da aus der Patsche geholfen hat.
Doch allzu viel Zeit zum Feiern blieb mir nicht. Nach einer schlaflosen Nacht ging es um 3:30 Früh ins 440 Kilometer entfernte Weyer, wo ich das Video zu den österreichischen Staatsmeisterschaften im Duathlon drehte. Danach noch einmal 160 Kilometer bis nach Hause, wo ich erschöpft auf die Couch fiel.
Zuhause noch die wichtigsten Dinge erledigt, geht es bereits morgen nach Zell am See zu den IRONMAN 70.3 World Championships. Dieses Mal noch als Journalist – nächstes Jahr werde ich bei den Bewerben an der Gold Coast (Australien) wohl wieder eine Doppelrolle belegen. In diesem Sinne wünsche ich allen Teilnehmern in Zell am See ein unvergessliches Wochenende – see you there!