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Laut Medienberichten hat Lance Armstrong bei der gestrigen Aufzeichnung des Interviews mit Oprah Winfrey Doping eingestanden. Das berichten u.a. die Zeitung „USA Today“ und die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf mit der Sendung vertraute Quellen.
Der 41-Jährige (ehemalige) 7-fache Tour de France-Sieger soll laut einem Bericht der „New York Times“ auch bezeugen, dass Funktionäre der UCI (Weltradsportverband) über den Gebrauch von Dopingmittel Bescheid wussten und diesen möglicherweise sogar unterstützten. Zudem wurden Gerüchte laut, Armstrong sei in Gesprächen mit dem amerikanischen Justizministerium, um als Zeuge in einem Gerichtsverfahren gegen verschiedene Besitzer von Rennställen zu agieren. Armstrong wolle allerdings nicht gegen andere Fahrer aussagen, hieß es.
Offizielle Stellungnahmen gab es bishweilen aber weder von Armstrongs noch von Winfreys Seite. Die beliebte amerikanische Show-Masterin ließ in einer Twitter-Nachricht lediglich wissen: „Just wrapped with @lancearmstrong More than 2 1/2 hours . He came READY“.
Für das Interview war ursprünglich das Haus von Lance Armstrong vorgesehen gewesen, aufgrund des enormen Medienandrangs entschied man sich aber, in ein örtliches Hotel auszuweichen. Vor dem Gespräch hatte sich Armstrong bei den Mitarbeitern der von ihm gegründeten Krebsstiftung „LIVESTRONG“ entschuldigt.
Die Geschichte des mittlerweile 41-jährigen einstigen Sportidols liest sich wie ein Hollywood-Märchen. Ein talentierter, junger Radsportler wird von einer schweren Krebserkrankung heimgesucht, ist dem Tod näher als dem Leben. Doch er überlebt die Krankheit, kehrt stärker zurück und dominiert von nun an die Radsportwelt.
Seine ganze Karriere lang sah sich der Texaner mit Dopinganschuldigungen konfrontiert und leugnete diese ebenso konsequent wie alles andere, das er im Sport gemacht hat. Nach seinem Rücktritt im Jahr 2005 schien es erstmals substanzielle Hinweise für Armstrongs Dopingmissbrauch zu geben. Bei Nachuntersuchungen der B-Proben wurden Spuren von EPO gefunden. Sportrechtlich hatte dies aber keine Relevanz, da keine Gegenprobe mehr vorhanden war.
Nachdem es etwas ruhiger um Armstrong geworden war, holten ihn die Geister spätestens nach seinem zweiten Comeback im Jahr 2009 wieder ein. Fortan begleiteten ihn Doping-Anschuldigungen und Untersuchungen. Die Ermittlungen des US-Justizministeriums wurden aber im Jahr 2011 eingestellt. Lediglich die Amerikanische Doping-Agentur USADA führte ihre Ermittlungen fort. Inzwischen kehrte Armstrong medial viel beachtet in den Triathlonsport zurück, um an IRONMAN-Wettkämpfen teilzunehmen.
Von Beginn an waren die Meinungen zu Armstrongs Triathlon-Rückkehr gespalten und sorgten für Diskussionen. Nach einigen Podestplätzen und zwei Siegen bei IRONMAN 70.3-Bewerben in Florida und Hawaii wollte sich Armstrong im Juni beim IRONMAN France erstmals über die Langdistanz messen, um das Ticket für Hawaii zu sichern. Doch die USADA machte dem Texaner einen Strich durch die Rechnung. Sie präsentierte erste Untersuchungsergebnisse und verkündete die Eröffnung eines Dopingprozesses gegen Armstrong.
Die WTC (World Triathlon Corporation) zog daraufhin die Notbremse und suspendierte Armstrong von allen IRONMAN-Bewerben. Weiterhin leugnete Armstrong und verglich die Ermittlungen gegen ihn mit einer „Hexenjagd“. Nachdem Armstrong keine Kooperationsbereitschaft mit den Anti-Doping-Behörden gezeigt hatte, sperrte man ihn aufgrund der Untersuchungsergebnisse lebenslänglich. Doch in der Sportszene fand er immer noch Anhänger. Einige Triathlon-Veranstalter sagten sich von der Sanktion der USADA ab und veranstalteten ihre Bewerbe nicht mehr als sanktionierte Wettkämpfe, sondern als „Charity-Event“. Dies ermöglichte es Armstrong, weiter an einigen Triathlon-Veranstaltungen teilzunehmen. Erst als im Herbst letzten Jahres erste Details aus dem Untersuchungsbericht der USADA den Weg in die Medien fanden, gingen die Wogen richtig hoch. Die UCI, die zuvor noch eine neutralere Position verfolgte, kündigte an, nicht gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Wenige Tage später wurden Lance Armstrong seine sieben Tour de France-Siege aberkannt. Die Zeit von 1999-2005 wurde zur „siegerlosen Zeit“ erklärt.
Welche Motive Armstrong letztlich mit einem Geständnis verfolgt, fällt im Moment ins Reich der Spekulation. Manche Stimmen wurden laut, dass er auf eine Strafmilderung hoffe, um wieder an Triathlon-Wettkämpfen teilzunehmen. Ob die Triathlonwelt darauf gewartet hat, darf man aber spätestens jetzt stark in Zweifel stellen.
Doch auch ohne aktive Wettkämpfe dürfte Armstrong in nächster Zeit einige Kämpfe auszufechten haben. Viele Gerichtsurteile und juristische Angelegenheiten müssten neu aufgerollt werden, denn Armstrong ging in den letzten 14 Jahren nicht zimperlich mit seinen Kritikern um. Zahlreiche Auseinandersetzungen endeten dabei in den Händen von Anwälten. Auch Rückforderungen von Preis- und Sponsorengeldern könnten auf den gefallenen Sporthelden warten.
Foto (c) Paul Coster – Creative Commons Atribution 2.0