Liebe Leser meiner in gewissen Abständen erscheinenden Kolumne „Chefsache“: wie ihr als aufmerksame Verfolger meiner Zeilen schon bemerkt habt, dauert meine Saison bereits ungewöhnlich lange. Mit meinem Start über die vielleicht härteste Mitteldistanz der Welt beim „ISRAMAN“ Ende Jänner ging es so früh wie noch nie zuvor zur Sache. Danach folgte eine komplette Rennsaison mit mehreren Mittel- und Sprintdistanzen und fand mit der erfolgreichen Teilnahme an den IRONMAN 70.3-Weltmeisterschaften an der australischen Sunshine-Coast einen absoluten Höhepunkt.
Da ich in diesem Jahr sowohl sportlich als auch beruflich nicht satt zu kriegen bin, war mir schon im Vorhinein klar, dass ich meine Saison nicht bereits Anfang September beenden möchte. Auch wenn der heimische Triathlonkalender aus für mich nicht immer ganz nachvollziehbaren Gründen bereits zu dieser Zeit endet, so bietet Europa in den letzten Jahren noch zahlreiche Möglichkeiten, sich eine Startnummer um die Hüften zu schnallen.
Deshalb verschlug es mich am 2. Oktober nun bereits zum vierten Mal nach Barcelona, wo ich nach drei Starts beim Challenge-Bewerb nun zum ersten Mal auch den IRONMAN Barcelona in Angriff nahm. Ohne spezielle Vorbereitung, voll aus dem Mitteldistanz-Training heraus wollte ich gegen Ende der Saison einfach aus Spaß eine Langdistanz machen und sehen, was dabei raus kommt. Meine Form war sehr gut, doch leider wurde ich in der Rennwoche krank und konzentrierte mich anstatt der Rennvorbereitung mit aller Energie darauf, halbwegs fit am Start zu stehen. Mit einer gewaltigen Portion Unsicherheit stand ich an jenem Tag gemeinsam mit knapp 3.000 Athleten an der Startlinie. Nach gelungenem Schwimmen und fantastischen 150 Radkilometern war bei mir aber der Ofen aus. Der Infekt, der scheinbar noch in mir schlummerte, entzog mir jede Energie und ich schleppte mich mit einer Radzeit von 4:47 in die zweite Wechselzone. Vom ersten Schritt an wusste ich, dass ich beim Marathon meine Möglichkeiten nicht ausspielen würde können. Auch wenn ich sehr oft ans Aufgeben gedacht habe, zog ich das Rennen durch und finishte schließlich in 9 Stunden und 42 Minuten, was kurioserweise meine persönliche Bestzeit noch um ein paar Sekunden nach unten schraubte. Dennoch war ich etwas enttäuscht, denn im Hinterkopf hatte ich andere Ziele. Doch diese können warten, ich war jedenfalls froh, das Rennen beendet zu haben. In der Woche darauf erwischte es mich richtig und mein Körper reagierte mit einem Fiebertag von kanpp 39°C. Ich hütete einige Tage das Bett und erholte meinen Körper von dieser Belastung. Nach einer Woche begann ich wieder langsam mit etwas Training – ständig den Puls und das Körpergefühl im Blick.
Mithilfe einiger neuer Behandlungsmethoden wie dem „Quantas“, auf die ich in einem späteren Blog näher eingehen möchte, gelang es mir, rasch wieder fit zu werden. Denn das Saisonfinale sollte es in sich haben. Da ich es im letzten Jahr als Reporter beim IRONMAN 70.3 Turkey vor Ort geschafft habe, dort aufgrund der hervorragenden Küche in drei Tagen ebenso viele Kilo auf der Waage zuzunehmen, schwor ich mir, falls ich hier wieder hin komme, dieses Rennen als Starter zu erleben. Dort könnte ich den überdimensionalen Verzehr der türkischen Köstlichkeiten immerhin unter der Rubrik „Carboloading“ verbuchen.
Gesagt, getan, die Anmeldung für den IRONMAN 70.3 Turkey war getan und Dank der Gastfreundschaft unseres Partners durften wir für drei Tage das noble „Gloria Serenety Resort“ unsere Heimat nennen. Für jemanden wie mich, der durchschnittlich 3-4 Monate im Jahr in Hotels und Pensionen verbringt und bei der Quartierauswahl naturgemäß auch häufig auf „Low Budget“ unterwegs ist, war diese Herberge so etwas wie der Lohn der Mühen der letzten Monate. Noch nie habe ich ein Rennhotel mit solchem Luxus erlebt. Einzigartig ist auch, dass der Großteil des Bewerbes innerhalb dieses Resorts stattfinden sollte. Die 1,9 Schwimmkilometer führten über eine große und eine kleine Runde mitsamt „Australian Exit“ und bot ein atemberaubendes Schwimmen. Das Meer war ruhig und spiegelglatt und die Zuschauer konnten das Rennen von einem tollen Steg aus verfolgen. Mein Schwimmen verlief solide und ich kam etwa auf Rang 25 aus dem Wasser. Danach folgte ein langer Lauf in die erste Wechselzone. Über eine Brücke und durch das Hotel (!) ging es dann zum ersten Wechsel. Der erfolgte schnell und ich machte mich auf meinem Airstreeem Super TT auf die schnellen, flachen 90 Radkilometer.
Von Anfang an drückte ich aufs Tempo. Auf den ersten Kilometern hatte ich noch mit schweren Beinen zu kämpfen, doch ab Kilometer 10 war ich sozusagen auf Angriff gebürstet. Ich verschärfte einige Male das Tempo und konnte mich von meinen Mitstreitern absetzen. Leider gelang mir das durch den flachen und geraden Kurs, der im Gegensatz zum letzten Jahr auf perfekten Straßen erfolgte, nicht und so bildete sich im Laufe des Radbewerbes eine immer größer werdende Gruppe. Diese Gruppe ist aber recht fair gefahren und es war ständig ein guter Zug drin. So konnte ich mit einer Radzeit von 2 Stunden und 18 Minuten auf echten 90 Kilometern etwa auf Rang 13-14 liegend auf den abschließenden Halbmarathon wechseln.
Das Laufen war meine große Unbekannte. Ich wusste aus den vergangenen Trainings, dass meine Laufform quasi nicht mehr existent war. Bei Intervallen fehlen mir 10-15 Sekunden auf den Kilometer, hier bemerke ich die Müdigkeit der Saison am deutlichsten. Doch ich hatte Glück, dass der Laufkurs sehr anspruchsvoll war. Mit zweieinhalb Runden am Gelände des Golfresorts ging es ständig auf und ab, viele Kurven, ständiger Wechsel von Asphalt, Gras und tiefem Sand kamen mir vielleicht etwas entgegen. Nicht, dass das genau meine Spezialität wäre, doch Kraft hatte ich im Gegensatz zu Geschwindigkeit noch. So konnte ich meinen Platz lange behaupten und wähnte mich von hinten nicht mehr in Gefahr. Doch auf den letzten drei Kilometern, die schnurgerade in Richtung Ziel beim Gloria Sports Arena gingen, verlor ich leider noch drei Plätze. So beendete ich das Rennen nach 4 Stunden und 26 Minuten auf dem 18. Gesamtrang und Rang 6 in der M35. Dadurch, dass ein Athlet vor mir die Quali schon in der Tasche hatte, konnte ich mir das WM-Ticket für die IRONMAN 70.3-Weltmeisterschaften in Chattanooga sichern, das ich gerne annahm. Obwohl ich bereits nach dem IRONMAN 70.3 Budapest die Möglichkeit gehabt hätte, das Ticket anzunehmen, habe ich mich erst vor wenigen Tagen entschieden, das Rennen machen zu wollen. Umso mehr freut es mich, dass ich mich wieder qualifizieren konnte.
Am nächsten Tag ging es leider schon wieder nach Hause, ich hätte nichts dagegen gehabt, noch ein paar Tage länger zu bleiben. Die Türkei war für mich auf alle Fälle eine Reise wert. War der Bewerb bei der Premiere im letzten Jahr noch ein großes Stück Pionierarbeit, warteten die Veranstalter in diesem Jahr mit einer perfekten Organisation auf. Die Strecken auf gutem, zum größten Teil völlig neuem Asphalt und das Ambiente beim Schwimmen und Laufen waren einfach großartig. Vom genialen Rennhotel, für das es von den Veranstaltern auch preislich vernünftige Pauschalangebote gibt, gar nicht mal zu sprechen.
Ich nützte dieses Ambiente übrigens gleich, um mir die Beine nach dem Bewerb etwas auszuradeln. Wer glaubt, dass ich einen kleinen Dachschaden habe, dem kann ich wohl nur Recht geben. Doch nach dem Rennen ist vor dem Rennen, denn dieses Wochenende steht für mich der (wirklich) letzte Bewerb der Saison auf dem Programm. Bei der Challenge Forte Village auf Sardinien wird auf mich wieder ein gutes Hotel und eine weitere Mitteldistanz auf mich warten. Ich halte euch natürlich auf dem Laufenden, wie es mir dort ergangen ist!
Bilder: triaguide, Gloria Serenity Resort, Stanislav Zainullin