Drei Wochen Australien neigen sich langsam, aber leider doch sicher, ihrem Ende zu. Hinter mir liegen einige sehr aufregende, abwechslungsreiche und motivierende Wochen, die gleichzeitig meinen großen Saisonhöhepunkt beinhalteten. Als ich im letzten Jahr in Budapest den Quali-Slot für die Weltmeisterschaften ergattert habe, war es eine spontane Entscheidung, diesen anzunehmen. Kein Vorsatz, reines Bauchgefühl. Australien ist ja nicht um die Ecke, die Reise nicht gerade als Last-Minute-Schnäppchen zu haben und doch zweifelte ich keine Sekunde daran – ich wollte nach Australien. Nur eine Woche später sicherte sich mein steirischer Landsmann Flo Heigl in Zell am See seinen Slot und nach unseren ersten gemeinsamen Erfahrungen bei der After-Race-Party in Barcelona vor einigen Jahren waren wir uns beide sicher – wir sind das ideale Triathleten-Reisegespann!
So ging es am 18. August gemeinsam mit Flo und seinen beiden Supportern Christoph und Harald auf die lange Reise nach Down Under. Unsere erste Destination lautete Sydney. Dort nützten wir die Zeit, die wir zur Akklimatisierung benötigten, um uns diese riesige Stadt ein bisschen näher anzusehen. Karin, eine langjährige Freundin, die mittlerweile in Sydney lebt, hat uns einige Highlights dieser coolen Stadt gezeigt.
Cool war auch das Stichwort – in Australien ist Winter, und im Gegensatz zu Europa ist es im Süden kälter. So fror ich in den ersten Tagen ganz ordentlich und war froh, dass wir uns nach vier Tagen Training und Sightseeing in den Flieger Richtung Norden setzten und uns schließlich an der deutlich wärmeren Sunshine Coast niederließen.
Dort hatten wir nun 12 Tage Zeit, um noch am Feinschliff für die 70.3-WM zu arbeiten. Dabei hatten wir jede Menge Action und Spaß, den wir auch regelmäßig in unserer Video-Serie „The Chaingaroos“ festgehalten haben. Alle Folgen findet ihr hier. Exemplarisch hier noch das Video von meinem letzten schweren Trainingstag, bevor das Tapering begonnen hat. Was ich in den Wochen zuvor im Training schon gesehen habe, fand hier seine Fortsetzung – ich war sportlich gut drauf. Die Wettkampfsaison ist nach einer anfänglichen Verletzung erfreulich gut verlaufen, ich konnte neben meiner beruflichen Tätigkeit ein für mich enormes Trainingspensum absolvieren und die letzten Auftritte gaben mir große Hoffnung, hier ein für mich gutes Rennen abzuliefern.
So bin ich am Sonntag, dem 4. September als einer von 3.000 WM-Teilnehmern an der Sunshine Coast an der Startlinie gestanden. Das Meer, das in Tagen zuvor aufgrund starker Wellen eher das Surferherz als jenes der Dreikämpfer erwärmt hatte, verhielt sich am Rennmorgen auffällig ruhig. In der ersten Agegroup-Welle nach den Profis ging es für mich und 350 andere Mitstreiter in der M35 an die Startlinie, die sich im Wasser befand. Endlich einmal keiner dieser neumodernen und für mich völlig unnötigen Rolling-Starts – es war ein WM-würdiger Wellenstart, der für jeden Teilnehmer dieser Alterskategorie die selben Chancen einräumt – so, wie es meiner Meinung nach immer sein sollte. Der Start verlief recht unspektakulär, ich kam sehr gut in den Rhythmus und obwohl hier ein sehr hohes Schwimmniveau herrschte (oder vielleicht gar deshalb), kam es kaum zu unangenehmen Berührungen oder Schlägereien im Wasser. Ab und zu kam jemand in meinen Tanzbereich, aber es lief alles in mehr als geordneten Bahnen. Ich konnte mich gut orientieren und entstieg nach 1,9 Kilometern mit einer Zeit von 28:04 dem Pazifischen Ozean, ohne von einem Hai angenagt worden zu sein und gar nicht mal so schlecht platziert. Danach ging es in die endlos lange Wechselzone – insgesamt mussten wir 1,2 Kilometer Wechselweg zurück legen, was insgesamt knapp 8 Minuten Aufenthalt in den Transition Zones bedeutete.
Die Radstrecke war am Anfang fast komplett flach – wir fuhren die ersten 40 Kilometer fast durchgehend auf einem Highway – grundsätzlich flach mit einigen kleinen Wellen, die perfekt zum Drücken waren. Leider waren sie nicht geeignet, um für eine Selektion im Starterfeld zu sorgen. Ich hatte in der ersten Startwelle noch das Glück, dass es bei uns zumindest auf der ersten Rennhälfte noch erträglich war. Dahinter starteten die M30 und die M25 in jeweils 10 Minuten Abstand, dort sah man dann auch bereits am Highway riesige Gruppen, die sich auf der flachen Strecke nicht auflösen konnten. Etwa bei der Hälfte erreichte das erste große „Peloton“ leider auch mich und auf den nächsten 10 Kilometern machte mir das Rennen wirklich keinen Spaß. Da dies der engste Bereich war, löste sich die Gruppe hier leider nicht auf und wurde weiterhin immer größer.
Doch in dem Wissen, dass die zweite Hälfte weit selektiver ist, schöpfte ich neue Hoffnung. So kam es dann auch, denn bereits beim ersten „Scharfrichter“, dem 20%igen Anstieg, zersplittete die Gruppe und ich konnte mich wieder vorne absetzen. Bis Kilometer 89 konnte ich für mich somit ein wieder perfektes und faires Rennen fahren, bis mich kurz vor dem Wechsel doch wieder eine riesige Gruppe einholte. Ich versuchte, mir das ganze nicht auf die Moral schlagen zu lassen, denn meine Beine fühlten sich immer noch stark an und ich war mir sicher, auch einen guten Halbmarathon laufen zu können. Mit 2 Stunden und 23 Minuten war ich bei den stärksten Radzeiten meiner Startwelle dabei, nur wenige Sekunden langsamer als der spätere Weltmeister. In den hinteren beiden Wellen waren die Top-10-Athleten durchschnittlich etwa 5-7 Minuten schneller am Rad unterwegs – ein durch die vielen Überholmanöver natürlicher Vorgang. Deshalb achte ich bei diesem Rennen ausnahmsweise nicht auf das Gesamtergebnis, sonder orientiere mich nur an meiner Altersklasse. Ich bin zu 100 Prozent zufrieden mit meinem Radsplit. 276 Watt NP bei ca. 70 kg Körpergewicht bedeuten 4 Watt/kg über fast zweieinhalb Stunden, ich denke, ich kann sagen, dass ich zum richtigen Zeitpunkt in Topform war.
Dennoch hatte ich ein Problem – ich kam mit ca. 80 Leuten gemeinsam in die Wechselzone und fühlte mich wie einer der Brownlee-Brüder beim Eingang in die Wechselzone. Doch ich ließ mich nicht aus der Ruhe bringen und brachte den Wechsel flott und ohne Probleme hinter mich. Die abschließenden 21,1 Laufkilometer (zum ersten Mal wirkliche 21,1) enthielten insgesamt vier Anstiege, was mehr als 80 Höhenmeter bedeutete. Gleich nach dem Wechsel ging es bergauf. Ich ging den ersten Anstieg wie geplant defensiv an und versuchte auch bergab nicht zu überpacen. Obwohl ich 3:45/km lief, zog mir die riesige Gruppe vor mir davon. Viele davon sollte ich einige Kilometer später wieder sehen. Ich konnte den Halbmarathon in für mich perfekter Manier laufen. Obwohl ich kein Fan von Anstiegen bin, kam ich mit der Strecke sehr gut zurecht. Lediglich die letzten 3 Kilometer waren aufgrund einer offenbar gebrochenen Schuhsohle eine Qual. Obwohl meine Beine noch genügend Energie hatten, verzog sich mein Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Doch dieses Problem sollte mir nicht den Tag verderben. Zähne zusammen beißen und durch und so kam es, dass ich nach exakt 4 Stunden und 29 Minuten den roten Teppich überquerte – als 60. meiner Altersklasse, was bei ca. 350 Startern immerhin im ersten Fünftel des Feldes war. Mit dem Ergebnis wäre ich zwar für Peter Schröcksnadel nicht förderungswürdig, aber das ist kein Problem – ich brenn mir das selbst und freu mir „einen Haxen aus“, weil ich mit dem Rennen echt vollkommen happy bin. Endlich hab ich das, was ich drauf habe, zu 100 Prozent in allen Disziplinen abrufen können. Wer mich kennt, weiß, das ich niemals vollständig zufrieden bin nach einem Rennen – hier war ich es. Was nicht heißt, dass ich es in Zukunft nicht noch besser machen möchte 😉
An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen beiden Trainern bedanken. Danke an Markus Ressler, dessen Trainingsplanung mich seit 2012 kontinuierlich stärker macht und mich hier das bisher stärkste Rennen meines Lebens machen hat lassen. Vielen Dank an Ursula Gigler-Gausterer, die 4-5x pro Woche am Beckenrand steht, um mich und meine Kollegen von trigonomic Austria immer noch ein Stück besser zu machen und die mir gerade in der schwierigen Verletzungszeit sehr weitergeholfen hat. Danke auch an Gerit Papst und Monika Papst-Gindl für die tollen Fotos und eure Hilfe hier – und natürlich an meinen kongenialen Reise- und Videopartner Flo, mit dem man nicht nur eine Gaudi haben kann, sondern auch spitzenmäßig trainieren kann – das heißt wenn man auf Schmerzen steht 😉
Was gibts sonst noch zu sagen? Da ich ohnehin schon wieder viel zu viel gesagt habe, komme ich nun zum Ende. Fakt ist – Australien ist eine Reise wert. Die Menschen hier sind unglaublich freundlich und herzlich – schlechte Laune zu haben, fällt auch einem Gelegenheits-Grantler wie mir enorm schwer. Dieses Land bietet so viele Möglichkeiten, auch abseits des Sports. In den nächsten Tagen haben wir noch die Gelegenheit, dies heraus zu finden, bevor es am Freitag wieder in die Heimat geht. Doch die nächsten Ziele sind schon anvisiert – die Saison ist noch nicht vorbei 🙂
Schwimmen im Lake McKenzie auf Fraser Island – unbeschreiblich