Ein Kommentar von triaguide-Herausgeber Andreas Wünscher
Ich habe lange überlegt, wie wir mit dem „Fall Hütthaler/Fuchs“ umgehen und in welcher Form wir darüber berichten sollen. Da unsere Agentur in den letzten beiden Jahren auch die Pressebetreuung von Andreas Fuchs über hatte, sah ich mich anfangs nicht in der Lage, objektiv über die Sache berichten zu können.
Ich möchte deshalb auch in dieser Angelegenheit nicht werten, sondern vielmehr die Entwicklung der Causa etwas aufarbeiten. Eine Vorschau auf das, was uns allen in den Tagen danach bevorstehen würde, konnte man schon in unserer Facebook-Meldung nach Lisa Hütthalers zweiten Platz beim IRONMAN 70.3 Miami erahnen.
In den Kommentaren wurden wir zum Teil beschimpft, weil wir vom Erfolg einer Österreicherin berichtet haben, der alles andere als alltäglich war. Für uns war dies eine Meldung wert.
Ich habe Lisa Hütthaler übrigens erst im heurigen Juni persönlich kennen gelernt, als wir nach dem TriStar-Bewerb am Attersee, an dem ich selbst teilgenommen habe, ein längeres Gespräch führten. Dort hatte ich eigentlich einen positiven Eindruck von ihr das Gefühl, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Ich teilte ihr mit, dass ich der Meinung bin, jeder Mensch habe eine zweite Chance verdient. Wohl in dem Wissen, dass sie aufgrund ihrer Vorgeschichte nie mein persönlicher Liebling oder gar meine beste Freundin würde.
Das Misstrauen der Szene ihr gegenüber bekam ich immer wieder zu spüren, oft in einer Art und Weise, die weit über die natürliche Skepsis hinaus geht. Ich kann es niemandem verübeln, ganz genau hinzusehen und Dinge kritisch zu hinterfragen. Ich kann mich selbst davon nicht ausnehmen. Als ich den Artikel, der den Fall losgelöst hat, auf slowtwitch.com gelesen habe, war meine erste Reaktion, Andreas Fuchs eine böse E-Mail zu schreiben. Ohne zu fragen, was da wirklich los war. Ich hatte ihn vorverurteilt. Ich habe das „logische“ Puzzle zusammen gefügt und mir meine erste Meinung gebildet.
Das sollte mir als Journalisten und langjährigem Freund von Andreas Fuchs eigentlich nicht passieren. Ich war erstaunt und erschrocken über mich selbst. Denn ich habe denselben Fehler gemacht, den zahllose andere in der Tri-Community auch begangen haben – ich habe vorverurteilt, ohne die Fakten zu kennen.
In meinem Fall war es „nur“ eine persönliche Nachricht, die ich an Andi geschickt habe, aber viele andere waren hier weit weniger galant. Dass ich die Worte „Shit-Storm“ einmal in Verbindung mit unserem immer noch als Randsportart geltenden Triathlonsport verwenden müsste, hätte ich mir auch nicht gedacht. Aber die Reaktionen im Social Web waren eindeutig – „schuldig und hängt sie höher“, so der allgemeine Tenor.
Was mich aber fast noch mehr gewundert hat, war die einseitige Berichterstattung mancher Triathlonmedien. Magazine, die sonst hervorragende Arbeit leisten, machten sich nicht einmal die Mühe, beide Seiten zu hören. Wie es scheint, braucht dort nur noch der Name „Hütthaler“ zu fallen und schon speichert das System alles im Betrugs-Ordner der Redaktionen.
Aus diesem Grund haben wir lange zu diesem Thema geschwiegen. Wir wollten nicht vorverurteilen, sondern beide Seiten zu Wort kommen lassen.
Nachdem der Fall durch den US-Profi Ed Donner, der sich in Miami in der selben Radgruppe befand und bezeugen konnte, keinerlei Drafting der beiden gesehen zu haben, eine inhaltliche Wende genommen hat, sieht der Fall wohl nicht mehr ganz so eindeutig aus.
Es ist sehr traurig, dass sich mit dieser Angelegenheit nun die Anwälte beschäftigen müssen, aber es ist auch kein Wunder, wenn sich ein vermeintlich harmloser Twitter-Tweet zu einer Staatsaffäre hochschaukelt.
Was die ganze Wahrheit ist, werden wir vielleicht nie erfahren. Jeder hat auch das Recht, sich seine eigene Meinung in der Sache zu bilden. Ich kenne Andreas Fuchs schon seit vielen Jahren und er war für mich stets ein Vorbild in puncto Sportsgeist und Fair Play. Dafür, dass sogar ich ihn anfangs vorverurteilt habe, schäme ich mich jetzt ein bisschen.