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Der Sinn und Unsinn von Kompressionsstrümpfen im Sport

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Yvonne van Vlerken schwört seit Jahren auf Kompression – hier trägt sie den O-Motion ‚professional‘ (23-32mmHG Kompression)

Dr. med. Sven Thomas Falle beschreibt über seine Sicht und Erfahrung zum Einsatz von Kompressionsstrümpfen im Sport.

Seit einigen Jahren kennt man Kompressionsstrümpfe nicht nur im medizinischen Bereich für Patienten mit Venen- oder Bindegewebserkrankungen, sondern man sieht sie auch in allen Farben und Formen bei fast jedem Laufsport- oder Triathlonwettbewerb. Genauso wie die Zahl der Anwender von Kompressionsstrümpfen im Sport steigt, nehmen auch die Mythen hinsichtlich der möglichen und leistungssteigernden Effekte mit der Zahl der entsprechenden Anbieter am Marktkontinuierlich zu.

Was ist nun wirklich dran an der Wirkung von Kompressionsstrümpfen beim Sport? Neben dem von zahlreichen Athleten attestierten Effekt der subjektiven Verbesserung des Wohlfühlbefindens und zahlreichen unternehmensfinanzierten Studien über die positiven Effekte von Kompressionsstrümpfen (meist ohne standardisierte Testverfahren mit einer viel zu geringen Anzahl von Probanden) existieren auch unabhängige Studien, die objektiv Aufschlüsse und Ergebnisse über die Wirkung von Kompressionsstrümpfen im Sport geben.

So wird in diesen Studien unter anderem aufgezeigt, dass beim Laufen durch den Kompressionseffekt auf die Muskulatur und das Bindegewebe die muskuläre Belastung in der Lande- und Abdruckphase reduziert, Muskelvibrationen signifikant verringert und damit auch Muskelverletzungen effektiv vorgebeugt werden können. Auch die Körperwahrnehmung verbessert sich durch eine positive Beeinflussung von Propriozeption und Koordination im komprimierten Gewebe.

Zusätzlich zeigt sich in einigen Studien die aerobe Kapazität und Leistungsfähigkeit an der aeroben Schwelle beim Tragen von Kompressionsstrümpfen erhöht, allerdings in keiner der Studien signifikant. Eine oftmals propagierte Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2max) und positive Beeinflussung der Herzfrequenz durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen konnten bisher in keiner Studie nachgewiesen werden.

Regeneration mit O-Motion: O-Motion ‚regular‘ (18-22mmHG Kompression)

Auch eine häufig proklamierte Leistungssteigerung durch eine Reduktion der Laktatbildung beim Tragen von Kompressionsstrümpfen in der sportlichen Belastungsphase ist mehr als kritisch zu hinterfragen und in keiner Studie nachgewiesen. In der Regenerationsphase zeigen Studien jedoch eindeutig nachgewiesene effektive Wirkung von Kompressionsstrümpfen: So wurde in einer Studie unter anderem eine Erhöhung von Biomarkern der muskulären Regeneration beim Tragen von Kompressionsstrümpfen in der Regenerationsphase nachgewiesen, die den Zeitraum der muskulären Erschöpfung reduzieren und damit – durch eine Verkürzung der Regenerationszeit – einen leistungsfördernden Effekt mit sich bringen.

Ebenfalls werden der Blutlaktat-Wert und das Enzym Kreatinkinase (unter anderem ein Wert für den Grad der Muskelschädigung) deutlich vermindert. Auch die Muskulatur um die Blutgefäße herum und damit auch der Druck auf die Gefäße werden durch die Kompressionsstrümpfe so beeinflusst, dass es zu einem verbesserten Blutfluss und damit auch zu einer verbesserten Sauerstoffversorgung des komprimierten Gewebes (= Gewebsoxygenierung) kommt, was schlussendlich die Regeneration deutlich verbessert und verkürzt.

In diesem Zusammenhang muss allerdings erwähnt werden, dass die oben beschriebenen Wirkungen nur für knielange Kompressionsstrümpfen nachgewiesen sind. Ebenso ist ein abnehmender Kompressionsgradient der Strümpfe vom Fuß und Sprunggelenksbereich Richtung Knie von entscheidender Bedeutung – am Besten nach einer der offiziellen medizinischen Kompressionsklassen verifiziert.

Der externe Druck auf das Gewebe muss zumindest 15mmHG betragen, um einen nachweisbaren Kompressionseffekt hervorzurufen und ist unter anderem vom Material und der Struktur (zum Beispiel vom Winkel der Maschen) des Kompressionsstrumpfes abhängig. Auch die exakte Passform und Größe für den Anwender ist damit von entscheidender Bedeutung.

Für sportlich intensive Aktivitäten sind dabei Druckgradienten  der Kompressionsklasse 2 (23-32mmHG Kompression), für den Regenerationsbereich der Kompressionsklasse 1 (18-22mmHG Kompression) am Besten geeignet.

Die vor allem bei Triathleten sehr beliebten Unterschenkel-Kompressions-Tubes oder auch Calves genannt, sind durch den fehlenden Fußteil und das Risiko eines Lymphstaus mit Flüssigkeitsansammlung und Schwellungen im Gewebeunterhalb des unteren Tube-Bundes im Sprunggelenksbereichinsbesondere bei längeren sportlichen Belastungen nicht zu empfehlen. Zusätzlich können durch den engen und einschnürenden Tube-Bund auch Sehnenreizungen im Sprunggelenksbereich verursacht werden, wenn der Unterschenkeltube in entsprechend optimaler Passform und mit effektiver Kompression getragen wird.

Fazit: Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine nachgewiesene positive Beeinflussung von leistungsbestimmenden physiologischen Kenngrößen durch Kompressionsstrümpfe in der sportlichen Belastungsphase bisher in keiner Studie eindeutig und signifikant nachgewiesen werden konnte.

Jedoch führen Kompressionssocken beim Laufen durch die Reduktion von Muskelvibrationen und einer gesteigerten Propriozeption zu einer verbesserten und effizienteren Lauftechnik, wodurch auch die sportliche Leistung verlängert und verbessert werden kann und verringern zusätzlich das Risiko für Muskelschädigungen.

Vor allem im Regenerationsbereich sind Kompressionsstrümpfe sinnvoll und können nachweislich unterstützend und regenerationsfördernd wirken – vorausgesetzt sie sind perfekt auf den Träger oder die Trägerin angepasst.

Über den Autor

Dr. med. Sven Thomas Falle ist Facharzt für Unfallchirurgie und Sportmediziner und seit vielen Jahren selbst leidenschaftlicher Ausdauersportler und mehrfacher Ironman Finisher. In seiner LaufSportPraxis in Wien hat er sich auf Verletzungen und Beschwerden im Ausdauer- und Laufsport spezialisiert. Durch seine sportmedizinische Ausbildung und Expertise und seine persönlichen Erfahrungen aus dem Lauf- und Triathlon-Sport sowie auch als ehemaliger Tennis- und Ski-Lehrwart geht er individuell auf jeden Sportler ein und ist mit den typischen Verletzungen und Beschwerdebildern im Sport vertraut.

Über O-Motion

O-motion sport and compression ist eine Sportkompressionslinie von Ofa Austria, einer der führenden Hersteller von medizinischen Kompressionsstrümpfen, Bandagen und Orthesen, welcher auf 80 jahre Erfahrung zurückgreifen kann! In Österreich erfolgt der Vertrieb der Ofa Produkte über den Sanitätsfachhandel.

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