Man muss schon sagen, der Ötztaler Radmarathon, von den Einheimischen liebevoll auch „Ötztaler“ genannt ist mehr als bloß ein extremer Radmarathon, wahrscheinlich der schwierigste in Europa und auch einer der härtesten weltweit.
Die Runde über 238km und 5500 Höhenmeter über vier Alpenpässe, was zweifelsohne auch bei der Tour de France mehr als eine Königsetappe wäre, stellt einen jeden Hobbyradler wohl vor eine Monsterherausforderung, so auch mich, vor allem mit einer mehr als bescheidenen Vorbereitung.
Aber vorher sei noch erwähnt, dass die Organisation des Ötztalers das Prädikat „Weltklasse“ ohne Zweifel verdient. Es beginnt bei der Ausgabe der Startnummern, bis hin zur Betreuung auf der Strecke mit Servicewägen, der Absicherung der Strecke, dem Rahmenprogramm, und wie jede(r) einzelne(r) im Ötztal hinter dem Rennen steht. Unter dem Motto, das ist „unser Ötztaler“! Die Organisatoren sind sehr bemüht, für jeden Teilnehmer da zu sein, um ihm den Traum vom Ötztaler erfüllen zu helfen. Des Weiteren sei erwähnt, dass sich die Organisatoren jedes Jahr auf das Neue bemühen Neuerungen zu bringen, um es den Teilnehmern angenehmer machen die Qualen zu ertragen. Heuer wurde erstmals für alle Teilnehmer ein Kleiderservice eingeführt, wo jeder Teilnehmer seine Bekleidung für einen (oder alle vier Alpenpässe) abgeben konnte. Vor allem bei so widrigen Wetterverhältnissen wie heuer, ist das sehr angenehm, weil man ja eigentlich durch drei Klimazonen fährt. Vom kalten Sölden in der Früh, bis zu Minusgraden auf dem Kühtai oder Timmelsjoch, und nahezu 30 Grad in Südtirol in St. Leonhard am Fuße des Timmelsjoch, oder gemäßigten Temperaturen in Innsbruck. Über 1000 freiwillige Helfer arbeiten mit Freude und Hingabe am Gelingen des Events, was schon lange zu einer Ganzjahresaufgabe wurde.
Es gibt auch bei diesem Rennen, eine Karenzzeit, innerhalb der man verschiedenen Kontrollposten passiert haben muss, weil es ansonsten zu gefährlich für einen wird, und es auch finster wird, und das ist auf über 2500 Metern über dem Meeresspiegel nicht ganz lustig. Das bedeutet aber auch, dass wenn man nach über 200 Kilometern auf dem Timmelsjoch ankommt, und das um 19:31 Uhr (19:30 Uhr ist dort die Karenzzeit) wird man aus dem Rennen genommen, und das nach einem Tag voller Qualen, klingt hart aber das ist auch Ötztaler. Was ihn auszeichnet, ist auch das besondere, egal welchen Namen man hat, wenn man sich im Februar nicht zur Auslosung registriert, kann man keinen Startplatz mehr bekommen bzw. ausgelost bekommen (es werden von fast 20000 Nennungen nur 4000 Teilnehmer zugelassen), selbst wenn wie heuer der Landeshauptmann persönlich für jemanden anfragt. Oder der Vorjahressieger, seinen Teamkollegen, der im Vorjahr Zweiter wurde nennen will, geht nicht. Es gelten für alle die selben Regeln.
Inmitten der Naturgewalten sieht man, wie klein man eigentlich ist
Wenn man ewig lang inmitten von den mächtigen Bergen sich Meter für Meter hochkämpft, sieht man wie klein man eigentlich ist. Man wird sogar ein wenig ehrführchtig, und die Zeit wird bzw. ist relativ. Spätestens auf den letzten Kilometern des 30km langen Schlussanstieges auf das Timmelsjoch auf 2509 Meter Seehöhe, wünscht man sich nur die Passhöhe herbei, bzw. dort hin zu kommen, in welcher Zeit wird einem mit Dauer des Anstieges und Rennens immer weniger wichtig, man hofft nicht vom Berg abgeworfen werden, und dass er einen passieren lässt.. Wenn man dann oben steht auf 2509 Metern, und weiß, nach fast 9 Stunden Fahrzeit (wie in meinem Fall), da unten ist Sölden, und dann bin ich im Ziel, lässt einen den Tränen nahe sein. Nach einer sehr anspruchsvollen Abfahrt, wird man so wie heuer trotz Regen, von tausenden Menschen erwartet und respektvoll applaudiert, weil die meisten wissen, was dies bedeutet den Ötztaler bewältigt zu haben.