Der Mentalblog von Wolfgang Seidl
In meinem heutigen Beitrag gibt es spannende Einblicke
von Axel Rabenstein über seine Zusammenarbeit mit mir als Mentalcoach. Axel
durfte als Journalist schon viele bekannte Profi-Sportler interviewen, von
denen die meisten in unterschiedlichster Weise auch ihren Geist trainieren. Im vergangenen
Jahr tauchte Axel als begeisterter Triathlet selbst in die mentale Materie ein.
Hören wir, was er berichten kann …
Welche
Erwartungen hattest du an das Mentaltraining, und wie lief das mit Mentalcoach Wolfgang
Seidl konkret ab?
Aus früheren Gesprächen, die ich als Journalist mit
Profi-Sportlern geführt habe, weiß ich, dass im Mentaltraining ein Potenzial
liegt, das noch erstaunlich häufig unterschätzt wird. Viele der Sportler
erzählten mir, dass sie bestimmte Bilder mit ihren Coaches gefunden haben, die
ihnen dabei helfen, im richtigen Moment in die richtige Stimmung zu kommen.
Leider wollte keiner der Profis seine Bilder verraten oder wirklich detailliert
darüber sprechen. Ich selbst denke sehr viel in Bildern, bin ein visueller Typ.
Deshalb war dieses Mentaltraining für mich wie eine Schatzkiste. Ich habe mich
einfach darauf gefreut, unter professioneller Anleitung in dieser Kiste zu
stöbern und zu sehen, was zum Vorschein kommen würde.
In 2019 hast du
am IRONMAN Lanzarote teilgenommen. Deine Coachings waren auf diesen Wettkampf
zugeschnitten. Wie wurdest du mental auf den großen Tag vorbereitet?
Wir haben in mehreren Skype-Sessions miteinander
gesprochen. Das war perfekt, weil man sich durch diese räumliche Distanz sogar
noch besser auf sich selbst konzentrieren kann, als dies bei einem realen
Treffen möglich wäre, bei dem man von mehreren Faktoren abgelenkt werden kann.
Per Skype war ich in meiner gewohnten Umgebung und nahe bei mir. Wolfgang hat
mich Stück für Stück durch den Wettkampf begleitet. Wir haben mögliche Ängste
und Probleme eruiert und Situationen analysiert, in denen der Kopf dem Körper
im Weg stehen … oder eben auch helfen kann.
Hat dir das
mentale Training geholfen, deine Gedanken in herausfordernden Situationen zu
steuern?
Definitiv. Schon vor dem Start geht es darum, sich
bewusst zu machen, dass man jetzt nicht in ein anstrengendes Rennen gehen
‚muss’. Sondern, dass man es monatelang unbedingt wollte und nun endlich tun
darf. Sich dies vor Augen zu führen, verschafft dir bereits einen Vorteil. Du
weißt, dass du es tust, weil du es unbedingt möchtest. Mit einfachen
Atemübungen kannst du zudem deinen Puls beruhigen und mit einer optimalen
Mischung aus Vorfreude, positiver Spannung und voller Konzentration ins Rennen
gehen.
Wie lief es
dann im Rennen selbst?
Es gab mehrere Situationen, auf die ich gezielt mit
vorab eingeübten Visualisierungen reagieren konnte. Der Start in den Atlantik
war für mich ein glatter Horror. Die Wellen bremsten die Athleten von vorne,
während von hinten immer mehr nachschoben. Ich war nahe an einer Panik. Das
Gute daran: Ich war darauf vorbereitet. Mit dem Bild eines Delphins konnte ich
mich in den Flow bringen, lächeln, beginnen zu gleiten und ohne Rücksicht auf
andere sauber und gleichmäßig meine Bewegungen durchziehen. Ohne mentale
Vorbereitung wäre ich hier richtig in Trouble gewesen.
Wie ging’s
weiter?
Der Wind auf der Radstrecke war stark, der spätere
Sieger Luc van Lierde, IRONMAN-Weltmeister 2014, war fast neun (!) Stunden
unterwegs. Es war echt hart. Ich war aber auch hier gut vorbereitet. Wenn die
Muskeln gebrannt haben, dachte ich an goldene Muskelfasern und habe mich darüber
gefreut, wie stark und fit ich bin. Das hat mir unterwegs immer wieder sehr
geholfen. Später auf der Marathonstrecke war es dann ein wichtiger Gedanke,
dass diese verdammten Gels, die ich kaum noch runterwürgen konnte, nichts Schlechtes
sind: sondern MEINE Medizin.
Welchen Anteil
hatte die mentale Komponente am Erfolg deines Rennens?
Natürlich sind es am Ende die Beine, die den Kopf ins
Ziel bringen müssen. Mein trainierter Kopf hat mir aber das Kämpfen
erleichtert, er hat mich zweifellos schneller gemacht, mir ein schöneres
Gesamterlebnis ermöglicht und mit hoher Wahrscheinlichkeit mein frühes
Ausscheiden beim Schwimmen verhindert.
War der Kopf
auch schon bei der Vorbereitung auf Lanzarote hilfreich?
Und wie! Nicht
nur, weil ich durch das Üben der Visualisierungen die Vorfreude steigern
konnte. Sondern weil ich von Wolfgang viel Input erhalten habe, wie wichtig das
Festlegen bestimmter Etappenziele ist und wie hilfreich Mentaltraining sein
kann, um vor allem die unangenehmen Einheiten durchzuziehen.
Um vor dem Start in die optimale
Anspannung zu kommen, hast du auch eine Bio-Feedback-Messung gemacht. Was hat
dir das gebracht?
Es war
spannend, die Wirkung von Atmung und Visualisierung einfach mal Schwarz auf
Weiß zu sehen. Seitdem weiß ich, dass aus einem einfachen Bild ein bewusst herbeigeführtes
Gefühl wird, das innerhalb von Sekunden auf messbare Weise meinen Puls
beeinflusst.
Warum würdest du einem Hobby-Athleten
empfehlen, vor einem wichtigen Wettkampf mentales Training in Anspruch zu
nehmen?
Weil ich mich
heute frage, warum ich es so lange nicht getan habe. Es hat mir viel über mich
verraten und mich zweifellos besser gemacht. Körper und Seele sind eine
Einheit, wer sein Bestes geben möchte, der sollte auch seinen Geist trainieren.
Wenn man sich ansieht, wie viel Geld manche Triathleten in ihr Equipment
stecken, dann kann man ihnen durchaus raten, ein wenig mehr in die mentale
Komponente zu investieren. Ich glaube, unter so manchem Aerohelm befindet sich
ein ziemlich sperriges Mindset. Oder sagen wir so: In unseren Gedanken
schlummern noch reichlich unentdeckte Watt …
Vielen Dank lieber
Axel für deine Zeit und deinen Einblick in die Arbeit mit mir als Mentalcoach.
Wer mehr über
die journalistische Arbeit von Axel Rabenstein erfahren möchte, dem kann ich
seine Homepage https://axelrabenstein.com
sehr empfehlen.
Be strong und take
care,
Wolfgang