Manuel Wutscher, der pfeilschnelle junge Kärntner, will in diesem Jahr den Durchbruch auf der Olympischen Distanz schaffen. Mit Wild-Card-Starts im Weltcup, unter anderem letztes Jahr in Kitzbühel, hat er eindrucksvoll gezeigt, welches Potenzial in ihm steckt. Der 21-jährige spricht mit triaguide-train.comüber seine Wintervorbereitung, seine Umstellungen im Training und über die Ziele für das Jahr 2010.
triaguide
Hallo Manuel, wir unterhalten uns hier während deines Trainingslagers in Cesenatico. Wie läufts?
Manuel
Hallo Andreas, naja nach einem sehr durchwachsenen Winter konnte ich den gesamten Feber bis Mitte März mit dem ÖTRV Kader endlich wieder perfekt trainieren und fand die Motivation wieder, die mir im Winter durch einige Probleme gefehlt hat. Jetzt spüre ich, dass die Form wieder kommt. Die Frage ist nur, wann ich heuer im Sommer wirklich so weit bin, ein TOP-Resultat zu bringen.
triaguide
Es ist ja das erste Mal, dass der ÖTRV ein solch intensives gemeinsames Trainingslager für alle Kaderathleten veranstaltet hat. Wie siehst du diese Entwicklung?
Manuel
Der neue Weg der im ÖTRV seit vergangenem Jahr gegangen wird, ist meiner Meinung nach insgesamt als positiv einzustufen. Mit Robert Michlmayer als neuem Sportdirektor ist ein frischer Wind durch den Verband und das Nationalteam gegangen. So ein gemeinsames Trainingslager ist immer gut für die Motivation der Athleten und die Leistungsentwicklung. Aber wie du sagst, es war das erste mal, dass der Verband ein derartiges Camp oranisierte. Klarerweise ist hierbei noch einiges zu verbessern. Ich hoffe aber, dass dieser Weg weitergegangen wird. Bis 2016 sollte man dann eine klare Verbesserung des gesamten österreichischen Triathlons sehen.
triaguide
Welche Dinge waren dabei neu für dich und wo siehst du hier noch Potential für Verbesserungen?
Manuel
Bevor ich mit Triathlon begonnen habe, lebte ich knapp vier Jahre im Sportleistungszentrum Südstadt, in dem ich ab 1.4 wieder mein Trainingsumfeld haben werde. Hier war ich Schwimmer und hatte bereits ein sehr professionelles Umfeld. Von daher erlebte ich nicht viel Neues. Toll war einfach, endlich wieder einmal in einer großen Gruppe zu trainieren. So konnten sich die Athleten gegenseitig zu Top-Leistungen pushen. Optimal war dieser Synergieeffekt besonders beim Schwimmen. Hier merkte man regelrecht, wie das Niveau des Team innerhalb kürzester Zeit nach oben schnellte. In den anderen Sportarten ist hier noch Verbesserungsbedarf. Aber über die negativen Sachen des Trainingscamps wird sicher noch intern gesprochen. Da will ich nicht vorgreifen!
triaguide
Du warst ja insgesamt 6 Wochen lang in Florida. Eine lange Zeit, in der man viel verbessern, aber wahrscheinlich auch leicht „überdrehen“ kann. Wie kann man sich den Ablauf eines solchen Trainingslagers vorstellen?
Manuel
Für mich war die Ausgangsposition vor diesem Trainingslager eine leicht andere als für die anderen Athleten. Darüber hinaus bin ich sowieso ein Typ, der sehr auf seinen Körper hört. Sobald er schreit, gibts schon eine Pooleinheit. Man kann sich das so vorstellen: Die ersten beiden Wochen stand sehr tiefes Grundlagenprogramm mit mittelmäßigem Umfang am Plan. Ich hab hierbei ca. 33 Stunden in der Woche trainiert. Danach eine regenerative Woche mit 24h Umfang gefolgt von drei Hardcore- Wochen. Teilweise mit hoher Intensität (Tempoläufe, Schwimmtests, GA2-Kraft am Rad), hohe Umfänge (zB 6h Fettstoffwechsel am Rad), da bin ich schon auf 36h Umfang gekommen, wobei Donnerstag und Sonntag jeweils etwas lockerer war. Ein gutes Bespiel sind Montag und Dienstag in der letzten Trainingswoche: MO Vormittag 7,4km Schwimmen, Nachmittag 6,0km und direkt im Anschluss Tempolaeufe auf Laufbahn. DI Vormittag 6,2km Schwimmen, anschließend 4h Rad und direkt nach dem Radfahren 5,8km Schwimmen. Zweimal die Woche kamen wir in den Genuss einer Massage.
triaguide
Das sind schon gewaltige Umfänge. Wer koordinierte das Training vor Ort? Hast du nach den Trainingsplänen von Robert Michlmayr trainiert oder hast du einen eigenen Trainer?
Manuel
Im Vorfeld des Trainingslagers gab es zwischen Robert, der das Training vor Ort koordinierte, und den Trainern einige Meetings. So wurde vormittags mit Robert geschwommen und nachmittags nach den Plänen der Heimtrainern trainiert. Hierbei wurde versucht, das Training so ident wie möglich zu halten. Ich bin nun seit einer Woche trainerlos, versuche jetzt einen guten Start im HSZ Südstadt zu machen und werde mich dort nach einem neuen Trainer umsehen.
triaguide
Das klingt ja nach totalem Neustart. Was erwartest du dir durch einen eventuellen Trainerwechsel?
Manuel
Naja Neustart…. Um ehrlich zu sein fehlte mir durch private Probleme im Winter die Motivation für ein geregeltes Training, nun trainiere ich seit Anfang Feber wieder auf 100 Prozent! Durch die Einberufung ins HSZ (Heeressportzentrum – Anm. d. Red.) wurde dieser Motivationsschub erst möglich. Ich weiß nicht, ob ich sonst überhaupt am Start gewesen wäre. Jetzt bin ich erstmal bis Oktober im HSZ. Es kann dann im Oktober einiges anders werden. Auch distanzmäßig. Ich will dem Sport aber auf jeden Fall erhalten bleiben.
triaguide
Das heißt, du machst deine Karriereplanung, ob es Richtung Olympia oder eher Richtung Kona geht, vor allem davon ab, ob du im HSZ fix aufgenommen wirst?
Manuel
So etwas davon abhängig zu machen, ob man dort aufgenommen wird oder nicht, finde ich etwas übertrieben und vielleicht sogar ein wenig unprofessionell. Doch ist zu sagen, dass der Weg nach Olympia fast nur mit dem HSZ zu schaffen ist. Ich hab mich jetzt drei Jahre als Profi auf der Olympischen Distanz so durchgeschlagen und hätte es auch rein vom Kopf kein weiteres mehr durchgehalten. Da kamen diese 6 Testmonate genau richtig. Natürlich ist bei mir der Reiz nach Langdistanz da, bin ich doch am Rad sicher nicht der schlechteste. Abgesehen davon ist man auf der Langdistanz sein eigener Chef von niemand abhängig. Auf beiden Distanzen gibt es Vor- und Nachteile. Ich möchte jetzt bist Oktober TOP trainieren und mich im Europacup und vor allem beim WCS Rennen in Kitzbühel beweisen. Dann wird ein Schnitt gemacht – und im Oktober stehen ja noch einige Renen am Rennkalender, die in Frage kommen.
triaguide
Du hast gerade Kitzbühel angesprochen. Dort hattest du ja im letzten Jahr durch reine großartige und offensive Fahrweise am Rad brilliert. Willst du auch in diesem Jahr wieder auf Angriff fahren?
Manuel
Nicht nur in Kitz wählte ich diese Renntaktik, auch bei den Staatsmeisterschaften und beim Europacup in Irland fuhr ich vorne weg. Für mich gibt es keine andere Taktik als diese. Abgesehen davon, dass ich durch meine Laufschwäche nur so eine Chance auf eine TOP Platzierung habe, passt sie einfach zu meinem Naturell. Ich liebe es, dem Feld zu enteilen und als erstes in die Wechselzone zu stürmen. Heuer wäre es super, wenn ich in Kitz eine Gruppe erwischen würde, die vorne weg geht. Wenn nicht, muss ich es wohl alleine versuchen.
triaguide
Da du aus dem Schwimmlager kommst, stellt die erste Disziplin für dich natürlich kein Problem dar. Am Rad scheinst du ein Riesen-Talent zu sein. Nur im Laufen hattest du in der Vergangenheit oft deine Probleme – was machst du, um dich in diesem Bereich zu verbessern?
Manuel
Es ist so. Ich ging in den letzten Jahren nicht unbedingt den Weg, dass ich beim Laufen sofort konkurrenzfähig bin – Im Gegenteil. Ich versuchte, meine Stärken noch auszubauen. Jetzt ist mein Körper genug auf Triathlon eingestellt, sodass ich die Laufumfänge schön langsam auf Internationales Niveau anpassen kann. Bisher war es keine Seltenheit, dass ich bei 36 Wochenstunden nur einen Anteil von 4 Laufstunden hatte. Nun wird sich das ändern. Ich denke schon, dass ich hier noch ein sehr großes Potential habe. Letztes Jahr hatte ich ja schon ein wirklich gutes Niveau, bis mein Radsturz bei den Staatsmeisterschaften kam. Durch den anschließenden Höllenlauf und die darauf folgenden Wettkämpfe kam mein Körper komplett aus dem Gleichgewicht und ich konnte nicht mehr an diese Form anschließen.
triaguide
Wie sieht dein Wettkampfplan im Jahr 2010 aus – wann geht’s los?
Manuel
Das Jahr ist durch meinen späten Trainingsbeginn bisher nur sehr wage durchgeplant. Ich werde am 15. Mai in Linz meine Form testen. Wenn dort alles gut geht, starte ich eine Woche später bei einem Europacup, der vom Verband als Quali-Möglichkeit für die U23-EM ausgeschrieben ist. Im Juni sind dann die Staatsmeisterschaften dran. Aber wie gesagt, es kommt sehr auf meine Form an. Mir ist wichtig, dass ich bis Kitzbühel Top drauf bin.
triaguide
Manuel, ich danke für das Gespräch und wünsche dir viel Erfolg für die kommende Saison!