Im ersten Teil des auf zwei Teile ausgestrahlten Interviews mit Oprah Winfrey hat Lance Armstrong, wie bereits vielfach in den Medien spekuliert, die Einnahme von Dopingmitteln eingeräumt. Die Talk-Queen des amerikanischen Fernsehens fackelte dabei nicht lange und streute gleich zu Beginn ein: „Wir haben uns im Vorfeld darauf geeinigt, dass es keine Bedingungen geben wird. Ja oder Nein – haben Sie verbotene Substanzen eingenommen? Armstrong antwortet mit „Ja“.
Er gestand im Laufe des Interviews, mit Epo, Eigenblut, Cortison, Testosteron und Wachstumshormonen gedopt zu haben. Er habe damit bereits Mitte der 90er-Jahre begonnen. Er spricht auch das aus, was aufgrund der unzähligen Dopingfälle im Radsport als die Wahrheit gelten durfte. Er meinte, dass es in dieser Generation nicht möglich gewesen sei, ohne Doping zu gewinnen. Laut seiner Aussage waren im Tour de France-Feld vielleicht 5 Fahrer nicht gedopt waren und verglich diese mit Helden.
Helden, mit denen er im Umgang in der Vergangenheit nicht zimperlich umging, denn Kritik an seiner Person hörte das Alpha-Tier des Radsports nicht gerne und hat diese nicht gerade selten auch in die Hände seiner Anwälte gegeben.
„Wir haben so viele Leute verklagt“
Das Interview war begleitet von einer gewissen Selbstironie, auf die Frage, ob er seine ehemalige Betreuerin, die mit dem 1999 rückdatierten Cortison-Rezept an die Öffentlichkeit gegangen war, verklagt habe, sagte er: „Ich weiß es nicht, wir haben so viele Leute verklagt“.
Auf die Frage, warum er denn Menschen verklagt hatte, die Recht hatten, sprach er von seinem schlechten Charakter. „Es ist unentschuldbar. Wenn ich mich jetzt in die Lage der anderen versetze, muss ich sagen – es tut mir leid“.
Das von vielen Erwartete große Auspacken gegen die Hintermänner des Radsports blieb zumindest im ersten Teil des Interviews aber aus. Auch die Vorwürfe, es wären positive Tests im Rahmen der Tour de Suisse 2001 vertuscht worden, wies Armstrong zurück.
Über sein Doping-Programm meinte er, dass es mit Sicherheit sehr professionell und clever gewesen sei, aber auch sehr vorsichtig. Er bestritt aber, dass sein Dopingysstem professioneller gewesen sei, als das ist Ostdeutschland. Auch sei der italienische Mediziner Michele Ferrari nicht das Hirn hinter dem Dopingsystem gewesen.
Im Laufe des Interviews gestand er oftmals Fehler ein. „Ich bin ein Charakter mit Fehlern und Macken. Doch hinter diesem Bild stand eine Dynamik, die Fans und Medien. Der gesamte Komplex lief von selbst, ich habe mich verloren“. Sein spätes Geständnis sah er ebenfalls als großen Fehler an. Das ganze sei eine riesengroße Lüge gewesen. „Ich habe diesen Prozess in den letzten Monaten durchlaufen. Ich kenne ja die Wahrheit, und die Wahrheit ist ganz anders als das alles, was ich gesagt habe.“
„Ich war immer Kämpfer“
Er sparte im Interview auch nicht mit Selbstkritik. Vor seiner Krebs-Diagnose sei er ein Wettkämpfer gewesen, aber nicht der Erbittertste. Danach musste er immer, um jeden Preis, gewinnen. Diese Entschlossenheit hatte er in den Radsport mitgebracht und dazu noch aufgeblasen. Er sei der Boss gewesen, der Typ zu dem die anderen aufschauten. Er bestätigte auch seinen Kontrollzwang: „Wenn mir etwas nicht gefiel, habe ich versucht, das unter Kontrolle zu bringen“. Er habe aber niemanden im Team bedroht und gezwungen, Dopingmittel zu nehmen.
Der einstige Sportheld als gebrochener Mann
Viel war nicht übrig von dem alles überstrahlenden Sporthelden der letzten Jahre. Man konnte dem 41-jährigen die Strapazen der letzten Jahre mehr denn je ansehen. Nicht viel zu sehen war von dem rhetorischen Genie, der es jahrelang geschafft hat, große Teile der Sportwelt mit seinen Lügen zu blenden. Man konnte es Armstrong anmerken, wie schwer es ihm immer noch fällt, die volle Wahrheit zu sagen. Ob dieser erste Teil des Interviews bereits die volle Wahrheit war, können wir aus unserer Sicht ebenfalls nicht beurteilen.
Ob Armstrong nach diesem Geständnis noch einen Platz in der Sportwelt finden wird? Für uns ist es schwer vorstellbar. Auch wenn der Autor dieser Zeilen ein Verfechter der „zweiten Chance“ ist, so muss man auch ganz klar sagen, dass es vielmehr als eine „zweite Chance“ braucht, um so einem Athleten jemals wieder Vertrauen zu schenken.
Der Triathlonsport kam in diesem Interview nicht zur Sprache – zum Glück. Wir können nur hoffen, dass solche Athleten und Gepflogenheiten der Radsportszene weiterhin einen großen Bogen um unseren Sport machen.
Weitere Ausschnitte des Interviews findet ihr im Youtube-Kanal von OWN