Michael Weiss startet am Sonntag den nächsten Anlauf zum Heimsieg beim IRONMAN Austria. Der Niederösterreicher sieht sich bereit für das Duell mit dem 7-fachen Kärnten-Sieger Marino Vanhoenacker aus Belgien. „Wenn ich mir den Sieg nicht als Ziel stecken würde, wäre ich fehl am Platz“, strotzt Weiss vor Zuversicht. Im Interview spricht er über Hawaii-Feeling am Wörthersee, Druck als Lokalmatador und den Heimvorteil.
Am Sonntag steigt dein erster Saison-Höhepunkt. Wie ist die Gefühlslage vor dem Ironman Austria?
Michael Weiss: Es kribbelt natürlich schon gewaltig. Auf dem Weg nach Kärnten sind mir noch einmal all die Erinnerungen ans letzte Jahr hochgekommen, die vielen schönen Dinge. Der Ironman Austria ist für mich sehr positiv besetzt.
Was macht für dich den Reiz dieses Rennens aus?
Weiss: Es sind viele Faktoren. Die schnelle Strecke, die Schönheit der Landschaft, das Schwimmen im See, die Radstrecke, die Atmosphäre, … Wenn man viel international unterwegs ist, weiß man umso mehr zu schätzen, wie einzigartig dieses Rennen ist.
Wie meinst du das?
Weiss: Ein Beispiel vom Ironman 70.3 Boulder: abgesehen davon, dass die Straßenverhältnisse in den USA teilweise katastrophal sind, fährt man dort am Pannenstreifen. Da schießen die Pick-Ups mit 100 km/h vorbei. Beim Überholen musste ich jedes Mal schauen, ob ein Auto kommt. Oder die Finisher-Party, die es in den USA in der Form nicht gibt. Diese und ähnliche Dinge sind für europäische Athleten selbstverständlich.
Gibt es so etwas wie einen Heimvorteil?
Weiss: Ich kenne die Strecke natürlich in- und auswendig, habe in meiner Karriere schon sehr viele Trainingskilometer rund um den Wörthersee abgespult. Diese Vertrautheit gibt Sicherheit. Dazu kommen die Anfeuerungen entlang der Strecke, egal ob am Rad oder beim Laufen. Da kann man schon noch ein paar Extra-Prozente herauskitzeln.
Mit welcher Zielsetzung startest du in die 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen?
Weiss: Ich möchte natürlich gewinnen. Aber wenn ich mir den Heimsieg nach zwei zweiten und einem dritten Platz nicht als Ziel stecken würde, wäre ich fehl am Platz. Die Konkurrenz ist aber auch in diesem Jahr wieder extrem stark, allen voran Marino Vanhoenacker. Er hat in den letzten Jahren dominiert, war unschlagbar in Kärnten. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Wie kann man den „Mr. Ironman Austria“ in Kärnten schlagen?
Weiss: Es geht nicht darum, wie ich Vanhoenacker schlagen kann. Es geht darum, dass bei mir am Tag X alles passt. Ich habe nur unter Kontrolle, wie ich schwimme, Rad fahre und laufe. Und ich weiß, dass ich noch nicht den perfekten Tag beim Ironman Austria hatte.
Wie groß ist der Druck auf deinen Schultern, als Lokalmatador den Fans nach vielen Jahren wieder einen Heimsieg zu schenken?
Weiss: Den größten Druck mache ich mir selbst. Die Erwartungshaltung ist für mich kein zusätzlicher Druck, eher Motivation. Ich habe mir das in den letzten Jahren mit Leistung erarbeitet, habe Ironman-Rennen gewonnen. Gleichzeitig freut es mich, dass sich auf der Langdistanz wieder ein bisschen etwas tut und Athleten wie Paul Reitmayr nachkommen.
Du bist zuletzt beim Ironman 70.3 Boulder die schnellste Radzeit gefahren. Was dürfen wir uns in deiner stärksten Disziplin am Sonntag erwarten?
Weiss: Ich fühle mich sensationell wohl auf dem Rad, das Gesamt-Paket passt. Mensch und Maschine gehen eine Symbiose ein, ich kann zu 100 Prozent darauf vertrauen, dass ich Top-Material habe. Und die Position passt – das ist das Um und Auf. Aerodynamik ist wichtig, aber man muss es auch über 180 Kilometer fahren können.
Die Finishline in Kärnten gilt als die stimmungsvollste der Welt. Wie fühlen sich die letzten Meter wirklich an?
Weiss (lacht): Das ist die sportlichste Disco der Welt. Wenn man die letzte Linkskurve nimmt und in den Zielkanal einbiegt, fühlt man sich wie im Rausch. Die Stimmung ist sensationell, die Cheerleaders tanzen, die Sprecher pushen das Publikum zu Höchstleistungen. Da muss man sich vor Hawaii nicht verstecken.
Und worauf freut sich der Profi nach dem Rennen?
Weiss: Zum Abendessen gönne ich mir Pizza und ein Bier, mehr geht am Renntag leider nicht. Aber in der Woche nach dem Rennen freue ich mich auf Stelze und mehr als ein Bier im Schweizerhaus mit Familie und Freunden.